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Michael Schumacher, der Pressekodex und die Frage nach der Ethik von Klicks

Dieser Artikel soll nicht pauschal irgendeine Gruppe verunglimpfen. Nicht Journalisten, nicht Menschen, die sich in sozialen Netzwerken tummen und auch keine Prominenten. Es sind Ausschnitte der Berichterstattung, eine Zusammenfassung anderer Blogartikel zu dem Thema und persönliche Beobachtungen dazu. Er soll lediglich zum Nachdenken anregen. Wer sich ein wenig mit Journalismus beschäftigt, der weiß: Natürlich ist der schwere Skiunfall von Michael Schumacher ein Medienthema. Es kommen gleich mehrere Nachrichtenfaktoren zusammen, die eine Berichterstattung rechtfertigen. Hierzu zählen Prominenz, Dramatik, Elite-Person, Negativität etc. Ob dies auch rechtfertigt, dass das Thema durchgehend in den Nachrichtensendungen auf Platz 1 gebracht wird, noch vor Terroranschlägen in Russland mit mehreren Toten Zivilisten, darüber kann man diskutieren. Definitiv Grenzen überschritten werden jedoch, wenn Geschichten erfunden bzw. bewusst gegen den Pressekodex verstoßen wird. Grenzen sind in meinen Augen auch überschritten wenn auf Facebook bereits etliche Seiten mit dem Titel „R.I.P Michael Schumacher“ existieren.

Der Pressekodex sagt z.B. in Artikel 2: Sorgfalt – Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt.

Diese Sorgfalt aber lassen viele Artikel vermissen. So vermutet etwa die Welt wenige Stunden nach dem Unfall, dass Michael Schumacher wahrscheinlich selbst schuld sei – er ist bestimmt zu sehr ins Risiko gegangen. Grundlage für diese Behauptungen? Keine. Das liest sich dann so:

schumacher_welt
Auschnitt Screenshot Welt.de vom 29.12.2013

 

Der Journalist Udo Stiehl schreibt, dass die Quellenlage zu Beginn der Berichterstattung eigentlich viel zu dünn für serösen Journalismus war. Fakten wurden durch Spekulationen ersetzt – Hauptsache dabei sein und Klicks abgreifen. Mit Sorgfalt hat das nicht mehr viel zu tun. Auch Tobias Gillen äußerte sich kritisch zum Verlauf der Berichterstattung.

Artikel 4 des besagten Pressekodex sagt: Grenzen der Recherche – Bei der Beschaffung von personenbezogenen Daten, Nachrichten, Informationsmaterial und Bildern dürfen keine unlauteren Methoden angewandt werden.

Sollten die Berichte stimmen, dass ein Journalist versucht hat, als Priester verkleidet zum Krankenbett von Michael Schumacher zu gelangen, so wäre auch dies ein klarer Verstoß gegen einfache entische Grundregel des Journalismus.

Und sonst so?

Ob jede kleine Veränderung eine Schriftbanderole im TV rechtfertigt, ob die „Kerzen der Hoffnung“ auf Bild.de Michael Schumacher wirklich etwas bringen oder nur eine unpassende Klick-Spielerei sind, ob es wirklich zum jetzigen Zeitpunkt eine 100-Seiten starke Fotostrecke zum Leben von Michael Schumacher auf Focus Online geben muss, muss jeder selbst entscheiden.

Auschnitt Screenshot Bild.de Startseite vom 31.12.2013
Auschnitt Screenshot Bild.de Startseite vom 31.12.2013

 

Und fernab der Profis?

Auch an anderen Stellen des Internets sind teilweise fragwürdige Dinge aufgetaucht. So gibt es „News Blogs“, die gezielt das Video vom vermeintlichen Abtransport Schumachers von der Piste in den Vordergrund stellen und es dick mit Werbung garnieren, so wie etwa diese Seite hier, die ich bewusst nicht verlinken will für noch mehr Klicks:

>schumacher_fail1

Eigentlich gebührt solchen Seiten gar keine Aufmerksamkeit, ich habe es aber hier mit aufgenommen, weil auch große Online-Medien das Video teilweise aufgenommen haben, noch bevor bestätigt war, ob es sich hier wirklich um Michael Schumacher handelt.

Wie öffentlichen sollten Genesungswünsche sein?

Der Blogger und Journalist Ekki Kern merkt zudem an,  dass den massenhaft öffentlichen Genesungswünschen von Prominenten via Twitter ein bisschen Eigen-Promo anhaftet – Er merkt an, dass Genesungswünsche persönlich sein sollten.

Facebook: Nackte Brüste sind tabu – Falsche Todesmeldungen nicht?

Dann gibt es da noch einige Zeitgenossen auf Facebook, die bereits jetzt Beileids-Pages mit dem Titel „RIP Michael Schumacher“ gebastelt haben. Zweifellos der Gipfel des schlechten Geschmacks. Letztlich spiegelt Facebook hier nur die Gesellschaft wieder in der wir leben und es sind sicher auch nur einige wenige Freaks die auf so einem Weg an Klicks kommen wollen. Sascha Pallenberg forderte in einem Blogbeitrag aktiv Facebook dazu auf, derartige Seiten vom Netz zu nehmen – teilweise ist dies wohl auch schon passiert. Was bleibt ist Unverständnis, wieso Facebook Bilder von nackten Brüsten löscht – jedoch gegen solche Seiten nicht schneller vorgehen kann. Bis jetzt (31.12.2013) sind entsprechende Seiten online.

Screenshot Facebook 31.12.2013
Screenshot Facebook 31.12.2013

Ich will das meiste hier oben gar nicht bewerten, ich will es nur mal angemerkt haben.

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